- § 50 WPO trifft Regelungen zur Verschwiegenheitspflicht von Beschäftigten und anderen Personen, die in der Sphäre des WP/vBP tätig sind (zum Bespiel Angestellte von konzern- oder netzwerkangehörigen Gesellschaften und freie Mitarbeiter).
- § 50a WPO bezieht sich im Wesentlichen auf Tätigkeitsbereiche, die der WP/vBP ausgelagert hat.
- Ausgelagerte Dienstleistungen, die die allgemeine Praxisorganisation betreffen, dienen nicht unmittelbar einem einzelnen Mandat (zum Beispiel IT-Dienstleistungen und Honorarabrechnung über einen Dienstleister) und bedürfen daher keiner Einwilligung des Mandanten.
1. Vorbemerkungen
Mit dem „Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen“ hat der Gesetzgeber den bis 8. November 2017 geltenden § 50 WPO durch die §§ 50, 50a WPO ersetzt. Diese regeln nunmehr umfassend die Einbindung Dritter in die Berufsausübung.
Nach §§ 50, 50a WPO hat der WP/vBP alle an der Berufsausübung mitwirkenden Personen zur Verschwiegenheit zu verpflichten und sie dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren (§§ 50 Satz 1, 50a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 WPO), sofern diese nicht bereits selbst einer gesetzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit unterliegen (§§ 50 Satz 4, 50a Abs. 7 Satz 2 WPO).
Zudem hat der WP/vBP bei den mitwirkenden Dritten in geeigneter Weise auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken (§ 50 Satz 2 WPO). Bei solchen Personen, die außerhalb der Sphäre des WP/vBP stehen und an dessen Berufsausübung mitwirken, bestehen besondere Anforderungen u. a. im Hinblick auf deren Auswahl und die vertragliche Ausgestaltung der Dienstleistungsverhältnisse (§§ 50a Abs. 2, 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 WPO). Mit der strafbewehrten Verschwiegenheitspflicht für WP/vBP und deren Mitwirkende (§ 203 StGB) gehen ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht und ein hieraus abgeleitetes Beschlagnahmeverbot einher – auch für die vom WP/vBP hinzugezogenen Mitwirkenden (§§ 53, 53a, 97 StPO).
Mit Blick auf die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht führt das Berufsgeheimnisschutzgesetz eine neue gesetzliche Differenzierung zwischen in der Sphäre des WP/vBP stehenden und damit berufsrechtlich intern mitwirkenden Personen (§ 50 WPO) und außerhalb der Sphäre des WP/vBP stehenden und damit berufsrechtlich extern mitwirkenden Personen (§ 50a WPO) ein.
Dieser Praxishinweis erläutert diese gesetzliche Differenzierung und gibt Auslegungs- und Anwendungshinweise zu den daran anknüpfenden neuen gesetzlichen Anforderungen, die der WP/vBP zu beachten hat.
2. Mitwirkende Personen im Sinne des § 50 WPO (Beschäftigte und gleichgestellte Personen)
§ 50 WPO trifft Regelungen für die Einbindung der vom WP/vBP beschäftigten Personen und stellt diesen solche Personen gleich, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit oder einer sonstigen Hilfstätigkeit an seiner beruflichen Tätigkeit mitwirken. Gemeinsames Merkmal dieser Gruppe ist, dass diese Personen auf Veranlassung des WP/vBP an der Abwicklung des jeweiligen Auftrags mitwirken und dabei in die Sphäre des WP/vBP einbezogen sind. Dabei kommt es nicht darauf an, welcher Art die Tätigkeit ist, welchen Umfang sie hat und in welcher Phase der Auftragsabwicklung sie stattfindet. Gleiches gilt für andere Aufgaben, die im Rahmen der Praxisorganisation erforderlich sind (zum Beispiel bei der Auftragsanbahnung und bei der Nachschau).
2.1. Beschäftigte (§ 50 Satz 1 WPO)
Beschäftigte sind alle arbeitsvertraglich in die Sphäre des WP/vBP einbezogenen Personen. § 50 Satz 4 WPO spricht insoweit von „angestellten Personen“.
2.2. Zur Berufsvorbereitung tätige Personen (§ 50 Satz 3 Fall 1 WPO)
Den Beschäftigten gleichgestellt sind Personen, die im Rahmen einer berufsvorbereitenden Tätigkeit an der beruflichen Tätigkeit des WP/vBP mitwirken. Hierbei hat der Gesetzgeber (mit Blick auf den Berufsstand der Rechtsanwälte) Referendare und Praktikanten vor Augen. In WP/vBP-Praxen sind neben Rechtsreferendaren vor allem Praktikanten tätig.
2.3. Sonstige an der Berufstätigkeit mitwirkende Personen (§ 50 Satz 3 Fall 2 WPO)
Die Berufspflicht der Gewissenhaftigkeit erfordert es in vielen Fällen, dass sich der WP/vBP nicht nur beschäftigter Personen, sondern auch anderer Personen bedient, die in seiner Sphäre tätig sind. Diese Personen sind in den Geschäftsbetrieb des WP/vBP einbezogen und unterliegen dem fachlichen Weisungsrecht des Praxisinhabers. Ebenso wie angestellte Mitarbeiter sind sie in das Qualitätssicherungssystem der Praxis eingebunden.
Hierzu gehören beispielsweise Personen, die bei Dritten angestellt sind und die auf vertraglicher Grundlage (mit dem Dritten) für einzelne Aufträge oder zeitlich begrenzt für den WP/vBP tätig sind. Dritte können auch konzern- oder netzwerkangehörige Gesellschaften oder im Netzwerk betriebene Shared-Service-Centers sein. Die Zuordnung zu dieser Personengruppe setzt voraus, dass die Personen vergleichbar wie die in § 50 Satz 1 WPO genannten Personen tätig werden. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn dem Berufsträger vergleichbare Kontroll- und Weisungsrechte hinsichtlich des Umgangs mit vertraulichen Informationen zustehen und sie in das Qualitätssicherungssystem des WP/vBP bzw. des jeweiligen Netzwerks einbezogen sind.
Nach Auffassung der WPK sind regelmäßig auch freie Mitarbeiter den Mitwirkenden im Sinne des § 50 WPO zuzuordnen. Denn der Grund für die Gleichstellung von sonstige Hilfstätigkeiten verrichtenden Personen mit den beim WP/vBP angestellten Personen ist der dem Personenkreis der berufsmäßig tätigen Gehilfen immanente Nähegrad zum Berufsträger. Dieser Nähegrad kann nicht nur arbeitsrechtlich durch ein Anstellungsverhältnis, sondern auch schuldrechtlich oder durch ein faktisches Näheverhältnis begründet sein. Eine Zuordnung von freien Mitarbeitern zu den Personen gemäß § 50 WPO ist jedenfalls dann sachgerecht, wenn freie Mitarbeiter bei der Berufsausübung vergleichbar wie die in § 50 Satz 1 WPO genannten Personen tätig werden. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn dem Berufsträger vergleichbare Kontroll- und Weisungsrechte hinsichtlich des Umgangs mit vertraulichen Informationen zustehen und die freien Mitarbeiter insoweit in das Qualitätssicherungssystem des WP/vBP beziehungsweise des jeweiligen Netzwerks einbezogen sind. Die freien Mitarbeiter können WP/vBP oder andere Personen sein, die für fachliche oder auch administrative Tätigkeiten eingesetzt werden. Dies umfasst ein breites Spektrum und reicht etwa von der Mitwirkung an der Abschlussprüfung oder anderen beruflichen Aufgaben bis hin zur Einholung fachlicher Expertise und der Übernahme spezieller Aufgaben im Rahmen der Praxisorganisation wie etwa der auftragsbezogenen Qualitätssicherung, der Berichtskritik und der internen Nachschau.
Zur Gruppe der sonstigen mitwirkenden Personen nach § 50 Satz 3 Fall 2 WPO gehören nach der Gesetzesbegründung auch mithelfende Familienangehörige und Bekannte.
2.4. Anforderungen an die Einbeziehung
Die Beschäftigten und die diesen gleichgestellten Personen sind in schriftlicher Form zur Verschwiegenheit zu verpflichten und dabei über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zu belehren (§ 50 Sätze 1 und 3 WPO). Verpflichtung und Belehrung können im Falle der gemeinschaftlichen Berufsausübung des WP/vBP mit anderen Personen, die im Hinblick auf die Verschwiegenheitspflicht den gleichen Anforderungen unterliegen (etwa StB oder RA), auch durch diese erfolgen, wenn zu diesen ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis besteht (§ 50 Satz 5 WPO).
Verpflichtung und Belehrung sind entbehrlich im Falle angestellter Personen, die ihrerseits einer gesetzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit unterliegen (§ 50 Satz 4 WPO). Gleiches muss nach Sinn und Zweck auch für die gleichgestellten Personen nach § 50 Satz 3 WPO und damit auch für freie Mitarbeiter gelten.
Über die Verpflichtung und Belehrung hinaus hat der WP/vBP auf die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht hinzuwirken (§ 50 Satz 2 WPO). Dies umfasst die regelmäßige Information sowie Kontrolle und Überwachung.
3. Mitwirkende Personen im Sinne des § 50a WPO (Dienstleister)
§ 50a WPO trifft Regelungen für alle nicht von § 50 WPO erfassten, an der Berufsausübung des WP/vBP mitwirkenden Personen (Dienstleister).
3.1. Betroffener Personenkreis
Dienstleister sind all jene Personen oder Stellen, die zwar an der Berufsausübung des WP/vBP mitwirken, aber nicht in der Sphäre des WP/vBP stehen. Das sind namentlich vom WP/vBP beauftragte Dienstleister (§ 50a Abs. 1 Satz 2) sowie deren Angestellte und Subunternehmer (§ 50a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3).
Unter § 50a WPO fallen beispielsweise folgende Tätigkeitsbereiche, die die WP/vBP-Praxis nicht mit eigenen Mitarbeitern ausführt, sondern ausgelagert hat:
- Administration der eigenen IT-Infrastruktur
- IT-Dienstleistungen zur Erfassung, Verarbeitung und Speicherung mandantenbezogener Informationen
- Schreibarbeiten/Telefonzentrale
- Rechnungswesen und -stellung
- Aktenarchivierung und -vernichtung
- Post- und Druckservice
- Facility Management
3.2. Anforderungen an die Einbeziehung von Dienstleistern
3.2.1. Auswahl und Vertragsschluss (§ 50a Abs. 2 und 3 WPO)
Der Dienstleister ist sorgfältig auszuwählen. Der Vertrag bedarf der Textform. Im Vertrag ist
- der Dienstleister unter Belehrung über die strafrechtlichen Folgen einer Pflichtverletzung zur Verschwiegenheit zu verpflichten,
- der Dienstleister zu verpflichten, sich nur insoweit Kenntnis von fremden Geheimnissen zu verschaffen, als dies zur Vertragserfüllung erforderlich ist, und
- festzulegen, ob der Dienstleister befugt ist, weitere Personen zur Erfüllung des Vertrags heranzuziehen; für diesen Fall ist ihm aufzuerlegen, diese Personen in Textform zur Verschwiegenheit zu verpflichten.
Ob Mitarbeiter des Dienstleisters unter Punkt 1 oder Punkt 3 fallen, ist dem Gesetz nicht zweifelsfrei zu entnehmen. Auch wenn insoweit davon ausgegangen werden kann, dass Mitarbeiter auch ohne ausdrückliche Festlegung in die Erbringung der Dienstleistung einbezogen werden können, ist auch in diesem Fall erforderlich, dass die einbezogenen Mitarbeiter in Textform zur Verschwiegenheit verpflichtet werden. Hierzu ist der Dienstleister zu verpflichten.
Die Zusammenarbeit mit dem Dienstleister ist unverzüglich zu beenden, wenn die Einhaltung der vorgenannten, nach § 50a Abs. 3 WPO zu machenden Vorgaben nicht gewährleistet ist.
Diese Vorgaben gelten grundsätzlich auch dann, wenn der WP/vBP Dienstleistungen in Anspruch nimmt, in die der Mandant eingewilligt hat. Ausnahmen:
- Der Mandant verzichtet ausdrücklich auf die Einhaltung dieser Anforderungen (§ 50a Abs. 6 WPO).
- Ist der Dienstleister seinerseits gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet, sind die o. g. inhaltlichen Vorgaben an den Vertrag entbehrlich (§ 50a Abs. 7 Satz 2 WPO). Der Vertrag bedarf gleichwohl der Textform.
3.2.2. Dienstleistungen, die im Ausland erbracht werden (§ 50a Abs. 4 WPO)
Werden Dienstleistungen in Anspruch genommen, die im Ausland erbracht werden, darf der WP/vBP dem Dienstleister den Zugang zu fremden Geheimnissen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung eröffnen, dass der dort bestehende Schutz der Geheimnisse dem Schutz im Inland vergleichbar ist, es sei denn, dass der Schutz der Geheimnisse dies nicht gebietet (§ 50a Abs. 4 WPO).
Das IDW hat hierzu eine Auslegungshilfe veröffentlicht (Stand: 7. Februar 2018). Die hierin formulierten Ansichten teilt der Vorstand der WPK.
3.2.3. Dienstleistungen, die unmittelbar einem einzelnen Mandat dienen (§ 50a Abs. 5 WPO)
Werden Dienstleistungen von Dienstleistern i. S. v. § 50a WPO in Anspruch genommen, die „unmittelbar einem einzelnen Mandat dienen“, darf der Zugang zu fremden Geheimnissen nur eröffnet werden, wenn der Mandant darin eingewilligt hat (§ 50a Abs. 5 WPO).
Die Gesetzesbegründung führt aus, dass diese Regelung solche Dienstleistungen erfassen soll, für die „ein besonderer Bedarf im einzelnen Mandat besteht“.
Im Umkehrschluss bezieht sich die Norm nicht auf solche Dienstleistungen, die allgemeine Fragen der Praxisorganisation betreffen und damit nicht einem einzelnen Mandat dienen.
Zu den Dienstleistungen im Sinne des § 50a Abs. 5 WPO gehören beispielsweise die Beauftragung eines Übersetzers oder eines Detektivs.
Überträgt dagegen ein WP/vBP seine Honorarabrechnung an einen Dienstleister und übermittelt ihm zu diesem Zweck der Verschwiegenheit unterliegende Informationen, wird die Leistung nicht für ein einzelnes, sondern für eine Vielzahl von Mandaten erbracht. Es handelt sich um eine Frage der Praxisorganisation, die keine Einwilligung der Mandanten nach § 50a Abs. 5 WPO erforderlich macht.
In den Fällen des § 50a Abs. 5 WPO darf der WP/vBP „dem Dienstleister den Zugang zu fremden Geheimnissen nur dann eröffnen, wenn der Mandant darin eingewilligt hat“. Gesetzeswortlaut wie auch Sinn und Zweck der Vorschrift machen deutlich, dass die Einwilligung einzuholen ist, bevor dem Dienstleister der Zugang zu mandatsbezogenen Informationen eröffnet wird. In welcher Form die Einwilligung eingeholt wird, schreibt das Gesetz nicht vor. Aus Nachweisgründen kann es zweckmäßig sein, eine erforderliche Einwilligung in Textform einzuholen.
3.2.4. Datenschutz (§ 50a Abs. 8 WPO)
Die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten bleiben unberührt (§ 50a Abs. 8 WPO).
Stand: 26. Juli 2018