Berufsrecht
13. Dezember 2023

Einrichtung eines Hinweisgebersystems und Übernahme der Funktion als interne Meldestelle beim Mandanten bei gleichzeitiger Tätigkeit als Abschlussprüfer

Unsere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft führt bei einem Mandanten die gesetzlich vorgeschriebene Abschlussprüfung durch. Der Mandant fragt uns, ob wir bei ihm ein Hinweisgebersystem nach den Vorgaben des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) einrichten sowie im Anschluss die Funktion als interne Meldestelle übernehmen können.

Sind die genannten Tätigkeiten mit der Durchführung der gesetzlich vorgeschriebenen Abschlussprüfung bei diesem Mandanten vereinbar? Wie wäre es, wenn es sich bei dem Mandanten um ein Unternehmen von öffentlichem Interesse im Sinne des § 316a HGB handeln würde?

Einrichtung eines Hinweisgebersystems

Die Einrichtung eines Hinweisgebersystems für den Mandanten führt nach Auffassung des Ausschusses Berufsrecht der WPK (ASBR) zu einem Ausschluss als Abschlussprüfer, da es sich insoweit um die Übernahme einer Unternehmensleitungsfunktion im Sinne des § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. c) HGB handelt. Der Abschlussprüfer darf allerdings zu Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Einrichtung des Systems stellen, beraten, soweit der Mandant seine Entscheidungen eigenständig trifft. Hier gelten die allgemeinen Grundsätze zur Beratung durch den Abschlussprüfer.

Tätigkeit als interne Meldestelle

Grundsätzlich zulässig ist es demgegenüber, wenn der Abschlussprüfer die Funktion einer internen Meldestelle bei dem Mandanten in dem Umfang übernimmt, dass Informationen entgegengenommen und – bis auf eine eventuelle Anonymisierung – unverändert weitergeleitet werden. Insoweit übt der Abschlussprüfer keine Unternehmensleitungsfunktion im oben genannten Sinne aus.

Die Festlegung von Folgemaßnahmen (§ 17 Abs. 1 Nr. 6, § 18 HinSchG) als angemessene Reaktion auf mitgeteilte Verstöße ist als Leistung der Unternehmensleitung im Sinne des § 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. c) HGB hingegen wiederum unzulässig. Diese Aufgabe muss beim Mandanten verbleiben, sodass es hier gegebenenfalls einer Funktionstrennung bedarf. Eine solche Gestaltungsoption enthält Art. 9 Abs. 1 lit. c) der EU-Hinweisgeberrichtlinie; sie wird durch das deutsche Umsetzungsgesetz (HinSchG) jedenfalls nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Die Beratung des Mandanten zu Folgemaßnahmen ist nach den Grundsätzen der Beratung durch den Abschlussprüfer jedoch zulässig.

Würdigung von Hinweisen im Rahmen der Abschlussprüfung

Vieles spricht dafür, dass Hinweise, die der WP/vBP im Rahmen seiner Tätigkeit als interne Meldestelle erhalten hat, durch den Berufsangehörigen auch in seiner Funktion als Abschlussprüfer gewürdigt werden müssen. Eine Trennung beider Bereiche im Sinne einer Firewall erscheint insofern fraglich.

Hieraus können sich folgende Probleme bei der Durchführung der Abschlussprüfung ergeben:

  • Häufig werden eingegangene Hinweise wenig substantiiert sein. Dennoch wird der Abschlussprüfer die erlangten Hinweise in der Weise zu würdigen haben, ob diese auf Risiken wesentlicher falscher Darstellungen hindeuten. Zwar kann und muss der WP/vBP grundsätzlich zuwarten, wie sich die Sachverhalte nach Unterrichtung des Unternehmens und gegebenenfalls der Ergreifung von Folgemaßnahmen durch dieses darstellen. Dadurch relativiert sich die Problematik aber nur, wenn das Unternehmen angemessen auf die Hinweise reagiert. Unabhängig davon kann es zu zeitlichen Verzögerungen bei der Durchführung der Abschlussprüfung und damit zu einer Drucksituation für den Abschlussprüfer kommen.
  • Eine zusätzliche Problematik tritt auf, wenn wenig substantiierte Hinweise die gesetzlichen Vertreter oder Mitglieder des Aufsichtsrats des zu prüfenden Unternehmens als Kommunikationspartner des Abschlussprüfers betreffen.
  • Darüber hinaus entstehen Unsicherheiten für die Pflicht zur Berichterstattung über Gesetzesverstöße im Prüfungsbericht nach § 321 HGB.

Unternehmen von öffentlichem Interesse

In Bezug auf die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers eines Unternehmens von öffentlichem Interesse (§ 316a HGB) gelten aus Sicht des ASBR die oben dargestellten Grundsätze. Die Einrichtung eines Hinweisgebersystems und die Festlegung von Folgemaßnahmen (§ 17 Abs. 1 Nr. 6, § 18 HinSchG) dürften verbotene Nichtprüfungsleistungen nach § 5 Abs. 1 Unterabs. 2 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 darstellen (Leistungen, mit denen eine Teilhabe an der Führung oder an Entscheidungen des geprüften Unternehmens verbunden ist).

Für eine Tätigkeit als Hinweisgeberstelle in dem Umfang, dass Hinweise durch den Abschlussprüfer lediglich entgegengenommen und weitergeleitet werden, erscheint Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 2 lit. e) der Verordnung (Gestaltung und Umsetzung interner Kontroll- oder Risikomanagementverfahren, die bei der Erstellung und/oder Kontrolle von Finanzinformationen zum Einsatz kommen) nicht einschlägig, da schon einiges dagegenspricht, dass es sich bei dem Hinweisgebersystem um ein rechnungslegungsbezogenes Kontroll- oder Risikomanagementverfahren handelt. Jedenfalls fehlt es an einer „Gestaltung“ oder „Umsetzung“ (Implementierung) im Sinne der Vorschrift.

go

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