Prüfung
13. Mai 2022

Neuerungen im Umwandlungsrecht – Erweiterung der Vorbehaltsaufgaben der WP/vBP

Das Bundesministerium der Justiz hat einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (Richtlinie (EU) des 2019/2121 vom 27. November 2019) veröffentlicht. Die Umsetzung muss bis zum 31. Januar 2023 erfolgen. Diese Richtlinie hat die Vorschriften der Gesellschaftsrechtsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2017/1132 vom 14. Juni 2017, im Folgenden GesRRL) über grenzüberschreitende Verschmelzungen umfassend geändert und erstmals Bestimmungen für den grenzüberschreitenden Formwechsel und für die grenzüberschreitende Spaltung zur Neugründung geschaffen.

Die grenzüberschreitende Umwandlung soll künftig in einem neuen Sechsten Buch (§§ 305 bis 345 UmwG-E) geregelt werden (Seiten 16 bis 40 des Referentenentwurfs – im Folgenden RefE).

Die bisher nach dem UmwG vorgesehenen Vorbehaltsprüfungen für WP/vBP bleiben demnach erhalten oder sollen erweitert werden. Im Einzelnen:

§§ 9 bis 12 Prüfung der Verschmelzung

Die Prüfung des Verschmelzungsvertrags nach den §§ 9 bis 12 UmwG erfolgt wie bisher durch WP/vBP. In § 12 Abs. 2 UmwG wurden kleinere Ergänzungen des Prüfungsberichts eingefügt. Neu ist, dass die Voraussetzungen, unter denen eine Verschmelzungsprüfung gemäß § 9 UmwG-E entbehrlich ist, an die Ausnahmetatbestände von § 8 Abs. 3 UmwG-E angeglichen werden sollen. Die Verschmelzungsprüfung soll grundsätzlich unter denselben Voraussetzungen entbehrlich sein, wie der Verschmelzungsbericht der Vertretungsorgane gemäß § 8 Abs. 3 UmwG-E (vgl. Begründung auf Seite 57 des RefE). Formal sollte dieser Gleichlauf durch einen umfassenden Verweis auf § 8 Abs. 3 UmwG-E in § 9 Abs. 2 UmwG-E sichergestellt werden.

§ 48 Prüfung der Verschmelzung unter Beteiligung von GmbH

Ein neuer § 48 Satz 2 UmwG-E soll klarstellen, dass bei rechtzeitigem Prüfungsverlangen nach Satz 1 (durch einen Gesellschafter) nach wie vor nicht nur eine Prüfung der Verschmelzung, sondern auch die Erstellung eines Prüfungsberichts und dessen Übersendung an alle Gesellschafter erforderlich ist. Bislang nicht ausdrücklich geregelt ist die Frist, binnen der der Prüfungsbericht den Gesellschaftern zu übersenden ist. Maßgeblich soll künftig die nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag geltende Frist zur Einberufung der Gesellschafterversammlung sein (vgl. Begründung auf Seite 60 des RefE).

§ 60 Prüfung der Verschmelzung unter Beteiligung von AG

Ein neuer § 60 Satz 2 UmwG-E soll dafür sorgen, dass Verschmelzungsprüfung und Prüfungsbericht bei der Verschmelzung inländischer Aktiengesellschaften nur dann entbehrlich sind, wenn alle Anteilsinhaber aller beteiligten Rechtsträger auf die Verschmelzungsprüfung verzichten (Einschränkung des umfassenden Verweises der § 9 Abs. 2 UmwG-E und § 12 Abs. 3 UmwG auf § 8 Abs. 3 Satz 1 UmwG, vgl. Begründung auf Seite 60 des RefE, Art. 96 Abs. 4 GesRRL).

§ 142 Prüfung der Sacheinlage bei Spaltungen mit Kapitalerhöhung

Nach § 142 Abs. 1 UmwG ist eine Sacheinlageprüfung nach § 183 AktG im Rahmen einer spaltungsbedingten Kapitalerhöhung stets erforderlich. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) wurde § 183a AktG geschaffen, der Ausnahmetatbestände vom Erfordernis der Sacheinlageprüfung enthält, wenn unter einem Börsenkurs gehandelte Wertpapiere oder Gegenstände eingebracht werden, denen bereits eine aktuelle Bewertung eines Sachverständigen zugrunde liegt. Hier liegen ausreichende Anhaltspunkte zur Bewertung des eingebrachten Vermögens vor, weshalb eine zusätzliche Sacheinlageprüfung nicht erforderlich ist. Dies soll auch für spaltungsbedingte Kapitalerhöhungen gelten, weshalb ein Verweis auf § 183a AktG eingefügt wurde (vgl. auch Begründung auf Seite 75 des RefE).

§ 308 Bekanntmachung des Verschmelzungsplans

§ 122d UmwG regelt die Offenlegung von Unterlagen und wird als § 308 UmwG-E neu gefasst (Umsetzung von Art. 123 GesRRL). Von der Mitgliedsstaatenoption zur Bekanntmachung des Prüfungsberichts des unabhängigen Sachverständigen (Art. 123 Abs. 1 zweiter Unterabs. GesRRL) soll kein Gebrauch gemacht werden, da der Prüfungsbericht der Information der Anteilsinhaber dient. Deren Möglichkeit zur Kenntnisnahme wird bereits durch § 311 Abs. 1 Satz 2 UmwG-E gewährleistet (vgl. Begründung auf Seite 81 des RefE).

§ 309 Verschmelzungsbericht

Nach Art. 124 GesRRL erstellt das Verwaltungs- oder Leitungsorgan jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften einen Bericht für Gesellschafter und Arbeitnehmer, in dem die rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte der grenzüberschreitenden Verschmelzung erläutert und begründet sowie die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer erläutert werden. Dies wird durch § 309 UmwG-E umgesetzt. Der Bericht unterliegt entsprechend der Richtlinie keiner Prüfungspflicht.

§ 311 Prüfung bei grenzüberschreitenden Verschmelzungen

Hierhin soll § 122f UmwG verschoben werden, der aktuell die grenzüberschreitende Verschmelzungsprüfung regelt. Verschmelzungsprüfer bleiben unverändert WP/vBP. Die Vorschrift soll außerdem zwecks Umsetzung von Art. 125 GesRRL angepasst werden (vgl. Begründung auf Seite 86 des RefE). Dazu soll § 311 Abs. 1 UmwG-E künftig vorgeben, dass der Prüfungsbericht den Anteilsinhabern spätestens einen Monat vor dem Tag der Gesellschafterversammlung, die den Verschmelzungsplan beschließen soll, zugänglich gemacht werden muss. Nach § 311 Abs. 2 UmwG-E sind Verschmelzungsprüfung und Prüfungsbericht bei Verzicht der Anteilsinhaber und bei Gesellschaften mit nur einem Anteilsinhaber nicht erforderlich.

Nach Art. 133a Abs. 1 GesRRL sollen die Mitgliedstaaten Vorschriften erlassen, in denen mindestens die zivilrechtliche Haftung des unabhängigen Sachverständigen geregelt ist. Der nationale Gesetzgeber sieht hier keinen Umsetzungsbedarf, da die Verweisungen in § 305 Abs. 2 UmwG-E auch § 11 Abs. 2 UmwG umfassen, der wiederum bereits derzeit auf § 323 HGB verweist (vgl. Begründung auf Seite 86 des RefE).

Nach Art. 133a Abs. 2 a) GesRRL müssen nationale Vorschriften sicherstellen, dass der Sachverständige unabhängig ist und kein Interessenkonflikt besteht. Auch diesbezüglich verweisen die §§ 305 Abs. 2 UmwG-E und 11 Abs. 1 Satz 1 UmwG auf §§ 316a Satz 2, 319 Abs. 1 bis 4 und 319b HGB, weshalb kein Umsetzungsbedarf besteht.

Nach Art. 133a Abs. 2 b) GesRRL ist sicherzustellen, dass die Stellungnahme des Sachverständigen unparteiisch und objektiv abgegeben wird, um die zuständige Behörde im Einklang mit den Anforderungen der Unabhängigkeit und der Unparteilichkeit gemäß dem Recht und den beruflichen Standards zu unterstützen. Insoweit verweist die Gesetzesbegründung auf die Regelungen der WPO (vgl. Begründung auf Seite 86 des RefE). Umsetzungsbedarf besteht daher auch hier nicht.

§ 316 Verschmelzungsbescheinigung des Registergerichts

Das Gesetz sieht eine Prüfung durch das Registergericht vor, ob die Voraussetzungen der grenzüberschreitenden Verschmelzung vorliegen. Binnen drei Monaten muss es eine Verschmelzungsbescheinigung ausstellen. Das Gericht kann für seine Prüfung einen unabhängigen Sachverständigen hinzuziehen (§ 317 Satz 1 Nr. 4 UmwG-E). Dies gilt gleichermaßen für Formwechsel (§§ 343, 344 Satz 1 Nr. 4 UmwG-E). Dies dient der Umsetzung von Art. 127 Abs. 12 Satz 2 GesRRL. In der Gesetzesbegründung (Seite 101 f. des RefE) wird darauf hingewiesen, dass diese Hinzuziehung im Sinne von Art. 133a Abs. 2 GesRRL auszulegen ist. Der Sachverständige muss daher WP/vBP sein, für den die Berufsgrundsätze der WPO gelten.

§ 325 Prüfung bei grenzüberschreitenden Spaltungen

Diese Vorschrift ist neu. Demnach muss auch der Spaltungsplan oder sein Entwurf nach den §§ 9 bis 12 geprüft und den Anteilsinhabern übermittelt werden (vgl. inhaltlich § 311 zur Verschmelzungsprüfung; Umsetzung von Art. 160f GesRRL). Bei der grenzüberschreitenden Ausgliederung sind die Spaltungsprüfung und der Prüfungsbericht per se nicht erforderlich (§ 320 Abs. 2 UmwG-E i. V. m. § 125 Abs. 1 Satz 2 UmwG-E; vgl. Art. 160f Abs. 3 und 160s GesRRL; vgl. Begründung auf Seite 108 des RefE).

§ 337 Formwechselbericht

Wie bei Verschmelzungen muss auch bei anderen Formwechseln ein Bericht für Gesellschafter und Arbeitnehmer erstellt werden (Art. 86e Abs. 1 GesRRL). Auf die Ausführungen zu § 309 UmwG-E wird insoweit verwiesen. Es besteht keine Prüfungspflicht.

§ 338 Prüfung bei grenzüberschreitenden Formwechseln

Die Vorschrift ist ebenfalls neu. Wie für Spaltungen gelten auch hier die für die WP/vBP-Prüfung von grenzüberschreitenden Verschmelzungen dargestellten Inhalte (Umsetzung von Art. 86f GesRRL, vgl. Ausführungen auf Seite 117 des RefE). Da kein Rechtsträgerwechsel stattfindet, kommt es zu keinem „Umtausch“ der Anteile. § 338 Abs. 1 Satz 1 UmwG-E verweist deshalb nicht auf die Pflicht zur Abgabe einer Erklärung über die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses gemäß § 12 Abs. 2 UmwG (vgl. Art. 86f Abs. 3 GesRRL).

§§ 313, 327, 340 Prüfung von Barabfindungen

Der bisher für das Abfindungsangebot im Verschmelzungsplan geltende § 122i UmwG wird in § 313 UmwG-E neu gefasst. § 313 Abs. 6 UmwG-E regelt die Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung durch einen WP/vBP. § 327 UmwG-E verweist zu spaltungsbedingten Barabfindungsangeboten durch die übertragende Gesellschaft auf § 313 UmwG-E. § 340 UmwG-E regelt nun auch das Abfindungsangebot, das die formwechselnde Gesellschaft ihren Anteilsinhabern zu unterbreiten hat (vgl. Art. 86f Abs. 2 GesRRL); § 340 Abs. 6 UmwG-E enthält eine entsprechende Prüfungspflicht.

13. § 347 Übergangsvorschrift

Nach § 317 Abs. 1 Nr. 1 UmwG-E gilt die vor dem 31. Januar 2023 geltende Rechtslage weiterhin für eine Verschmelzung, eine Spaltung oder einen Formwechsel, wenn der Verschmelzungsvertrag oder der Spaltungs- und Übernahmevertrag vor dem 31. Januar 2023 geschlossen, der Verschmelzungs- oder Spaltungsplan vor dem 31. Januar 2023 aufgestellt oder der Formwechselbeschluss als Umwandlungsbeschluss vor dem 31. Januar 2023 gefasst wurde und die Umwandlung bis zum 31. Dezember 2023 zur Eintragung angemeldet wurde.

ko

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