Berufsrecht
16. November 2023

Bekanntmachung:
Anhörung zur dritten Änderung der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer – BS WP/vBP

Änderung des § 37 BS WP/vBP (Kritische Grundhaltung)

Die Anpassung des § 37 BS WP/vBP an den durch das FISG geänderten § 43 Abs. 4 WPO steht noch aus. Die wesentlichen Elemente der kritischen Grundhaltung wurden mit dem FISG in § 43 Abs. 4 Sätze 2 und 3 WPO verortet. Die neue Nummer 2 des § 43 Abs. 4 Satz 2 WPO übernimmt die Formulierung in Art. 21 Abs. 2 Unterabs. 1 der EU-Abschlussprüferrichtlinie. Eine vergleichbare Regelung ist in § 37 Satz 3 BS WP/vBP enthalten. Den neuen § 43 Abs. 4 Satz 3 WPO, der konkrete Tatbestände regelt, bei denen die kritische Grundhaltung eine besondere Rolle spielt, hat der Gesetzgeber wortgleich Art. 21 Abs. 2 Unterabs. 2 der Abschlussprüferrichtlinie entnommen.

Der Ausschuss Berufsrecht und der Vorstand der Wirtschaftsprüferkammer hatten dem Beirat der vergangenen Amtsperiode in seiner Sitzung am 3. Juni 2022 vorgeschlagen, § 37 BS WP/vBP zu kürzen, soweit es ansonsten zu Doppelregelungen mit der ergänzten gesetzlichen Regelung kommt. Im Übrigen sollte im Satzungstext auf die nunmehr in der WPO enthaltenen Detailregelungen verwiesen werden. Im beizubehaltenden Satz betreffend die kritische Hinterfragung der erlangten Prüfungsnachweise sollte der Begriff der „Glaubwürdigkeit“ durch den stärkeren und sachangemessenen Begriff der „Überzeugungskraft“ sowie der Begriff der „Angemessenheit“ durch den der „Geeignetheit“ ersetzt werden. Ziel dieser Änderungsvorschläge war es auch, die im Rahmen des § 37 BS WP/vBP verwendeten Begrifflichkeiten an den Sprachgebrauch der vom IDW ins Deutsche übersetzten Internationalen Prüfungsstandards („ISA-DE“) anzupassen, wo im Zusammenhang mit der Einholung ausreichender Prüfungsnachweise der Begriff „angemessen“ nicht mehr verwendet wird, dafür aber von „geeigneten“ Prüfungsnachweisen die Rede ist, die „überzeugend“ sein müssen. An dem Begriff der „Verlässlichkeit“ sollte hingegen festgehalten werden, da er auch in den Prüfungsstandards weiterhin Anwendung findet. Mit dem Dreiklang dieser Begriffe („Überzeugungskraft, Geeignetheit, Verlässlichkeit“) sollte den Mitgliedern weiterführende Hilfestellung, wie Prüfungsnachweise kritisch zu beurteilen sind, gegeben und damit § 43 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 WPO konkretisiert werden.

Der Beirat hat die vorgeschlagene Änderung des § 37 BS WP/vBP in seiner Sitzung am 3. Juni 2022 gleichwohl nicht beschlossen.

In der außerordentlichen Sitzung des Beirates am 6. November 2023 wurde aus der Mitte des Beirates der Wunsch geäußert, die damals vorgeschlagene Änderung des § 37 BS WP/vBP nunmehr erneut in seiner Sitzung am 1. Dezember 2023 zur Beschlussfassung vorzulegen:

§ 37 Kritische Grundhaltung

1WP/vBP haben Prüfungen mit einer kritischen Grundhaltung zu planen und durchzuführen (§ 43 Abs. 4 Satz 1 WPO). 2Glaubwürdigkeit, Angemessenheit und Verlässlichkeit der erlangten Prüfungsnachweise sind während der gesamten Prüfung kritisch zu hinterfragenWesentliche Gesichtspunkte der kritischen Grundhaltung sind in § 43 Abs. 4 Sätze 2 und 3 WPO geregelt.3WP/vBP müssen ungeachtet ihrer bisherigen Erfahrungen mit der Aufrichtigkeit und der Integrität des Managements des geprüften Unternehmens davon ausgehen, dass Umstände wie Fehler, Täuschungen, Vermögensschädigungen oder sonstige Gesetzesverstöße existieren können, aufgrund derer der Prüfungsgegenstand wesentliche falsche Aussagen enthältÜberzeugungskraft, Geeignetheit und Verlässlichkeit der erlangten Prüfungsnachweise sind während der gesamten Prüfung kritisch zu hinterfragen. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Erstattung von Gutachten.

Änderung des § 50 BS WP/vBP (Umsetzung der internationalen Qualitätsmanagementstandards)

Der Vorstand der Wirtschaftsprüferkammer hat in seiner Sitzung am 12. Oktober 2023 beschlossen, dem Beirat eine Änderung der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer (BS WP/vBP) zur Umsetzung der internationalen Qualitätsmanagementstandards (ISQM 1, ISQM 2 und ISA 220 revised) vorzuschlagen. Die Änderungsvorschläge wurden in einem strukturierten Umsetzungsprozess aus Gremienberatungen (Vorstand, Kommission für Qualitätskontrolle, Ausschuss Grundsätze der Kommission für Qualitätskontrolle, Ausschuss Berufsrecht) seit Anfang 2021 entwickelt. Der Beirat wurde in seiner Sitzung am 2. Juni 2023 und in seiner außerordentlichen Sitzung am 6. November 2023 umfassend über die internationalen Qualitätsmanagementstandards und die zu ihrer Umsetzung geplanten Änderungen informiert. In seiner außerordentlichen Sitzung am 6. November 2023 hat der Beirat die Änderungen intensiv beraten.

Das International Auditing and Assurance Standards Board (IAASB) der International Federation of Accountants (IFAC) hat am 17. Dezember 2020 mit den International Standard on Quality Management 1 und 2 (ISQM 1, ISQM 2) und International Standard on Auditing 220 (revised) [ISA 220 rev.] neue bzw. überarbeitete Qualitätsmanagementstandards verabschiedet. Die neuen Standards traten am 15. Dezember 2022 in Kraft und ersetzten International Standard on Quality Control 1 (ISQC 1) und ISA 220, die bisher in der BS WP/vBP umgesetzt sind. Die Standards können auf der Internetseite des IAASB abgerufen werden.

Der Vorstand der Wirtschaftsprüferkammer hatte aufgrund der engen Zeitvorgabe des IAASB für die Umsetzung entschieden, den Anwendungszeitpunkt in Deutschland um 1 Jahr auf den 15. Dezember 2023 zu verschieben. Des Weiteren soll der Anwendungsbereich auf den Tätigkeitsbereich der gesetzlichen Abschlussprüfungen beschränkt bleiben. Wie bei früheren Umsetzungsprojekten (bspw. ISQC 1) wurde auf Basis eines prinzipienbasierten Ansatzes vorgegangen, um eine verhältnismäßige Umsetzung der Anforderungen zu erreichen und die Berufspraxen nicht unnötig (z.B. mit rein formalen oder redaktionellen Änderungen) zu belasten.

Die Umsetzung der internationalen Qualitätsmanagementstandards soll die Qualitätssicherung im Berufsstand im Tätigkeitsbereich der gesetzlichen Abschlussprüfung modernisieren und stärken. Hierzu soll bei der Qualitätssicherung ein proaktiver, dynamischer und risikobasierter Ansatz, der sich an den individuellen Gegebenheiten der Berufspraxen und ihrer Mandate orientiert (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit), etabliert werden. Grundlage für die Ausgestaltung eines Qualitätssicherungssystem im Tätigkeitsbereich der gesetzlichen Abschlussprüfungen soll ein Prozess der Festlegung von Qualitätszielen und der Identifizierung sowie Bewertung von qualitätsgefährdenden Risiken (Risikobewertungsprozess) sein. Gepaart mit einem Nachschau- und Verbesserungsprozess (Qualitätsregelkreis) soll das Qualitätssicherungssystem einer Praxis einen kontinuierlichen, iterativen Prozess darstellen, der sich an die jeweiligen Gegebenheiten der Praxis und ihrer Mandate im Zeitablauf anpasst. Das APAReG hat diese Entwicklung 2016 bereits teilweise durch die Einführung von § 55b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 WPO aufgegriffen, wonach Wirtschaftsprüfer bzw. vereidigte Buchprüfer für die Durchführung gesetzlich vorgeschriebener Abschlussprüfungen interne Qualitätssicherungsmechanismen und wirksame Verfahren zur Risikobewertung vorsehen müssen. Ebenso wurde mit § 55b Abs. 3 WPO die Bedeutung der Nachschau und des Qualitätsregelkreises betont.

Der Vorstand schlägt folgende Änderung des § 50 BS WP/vBP vor:

§ 50 Allgemeines

(1) 1Das Qualitätssicherungssystem eines WP/vBP nach § 55b Absatz 2 WPO dient der Sicherung der Qualität von Abschlussprüfungen nach § 316 HGB. 2Die Anforderungen an das Qualitätssicherungssystem folgen aus den spezifischen Gegebenheiten der Praxis des WP/vBP und sind insbesondere von Art und Umfang sowie Komplexität der vom WP/vBP durchgeführten Abschlussprüfungen abhängig.

(2) Bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, liegt die Verantwortung für das interne Qualitätssicherungssystem bei WP/vBP oder EU-/EWR-Abschlussprüfern. 1Für Zwecke des Absatzes 1 sind wirksame Verfahren zur Risikobewertung zu schaffen. 2Diese Verfahren umfassen angemessene Regelungen zur Festlegung von Qualitätszielen sowie zur Identifizierung und Beurteilung von qualitätsgefährdenden Risiken. 3Als Reaktion auf qualitätsgefährdende Risiken sind geeignete Regelungen zu schaffen, deren Anwendung zu überwachen und durchzusetzen. 4Diese Regelungen sind risikobasiert auszugestalten.

(3) 1Praxen sollen eine qualitätsfördernde Unternehmenskultur schaffen. 2Hierzu gehören klare Verantwortlichkeiten (Absatz 4), zeitnahe Informationen zum Qualitätssicherungssystem sowie eine offene Kommunikation über Qualitätsziele und qualitätsgefährdende Risiken.

(4) 1Die Letztverantwortung für das Qualitätssicherungssystem und dessen Bewertung (§ 55b Abs. 3 Satz 1 WPO) muss auf Ebene der Praxisleitung liegen. 2Eine Übertragung der operativen Verantwortlichkeit für das gesamte Qualitätssicherungssystem und für dessen Teilbereiche an qualifizierte Personen ist klar und eindeutig zu regeln. 3Verantwortliche müssen nicht nur ein Verständnis für die gesetzlichen und satzungsrechtlichen Vorschriften sowie das Qualitätssicherungssystem der Praxis haben, sondern auch über die nötige Befugnis und Durchsetzungsfähigkeit innerhalb der WP/vBP-Praxis sowie über die nötige Zeit verfügen, um Regelungen des Qualitätssicherungssystems zu schaffen, zu überwachen und durchzusetzen. 4Bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Abschlussprüfungen durchführen, darf die Letztverantwortung für das interne Qualitätssicherungssystem ausschließlich bei WP/vBP oder EU-/EWR-Abschlussprüfern liegen.

Satzungsänderungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nach § 57 Abs. 3b Satz 1 WPO der Genehmigung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens müssen dem BMWK Unterlagen vorgelegt werden, aus denen sich die Verhältnismäßigkeit der Satzungsänderungen nach § 57 Abs. 3a WPO sowie der Verhältnismäßigkeitsrichtlinie (EU) 2018/958 ergibt. Nach § 57 Abs. 3b Satz 4 WPO sind dem BMWK insbesondere die Gründe zu übermitteln, auf Grund derer der Beirat der WPK die Satzungsänderungen als gerechtfertigt, notwendig und verhältnismäßig beurteilt hat.

Eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ist nur für neue oder geänderte Vorschriften, die die Aufnahme oder Ausübung des Berufs beschränken, erforderlich.

Das BMWK hatte der WPK bereits im Jahr 2022 mitgeteilt, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung in Bezug die Änderung des § 37 BS WP/vBP nicht durchgeführt werden müsse, da es sich ausschließlich um zwingende Folgeänderungen zur Änderung der Gesetzeslage durch das FISG sowie redaktionelle Anpassungen handele.

Das Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Änderung des § 50 BS WP/vBP kann der Anlage dieser Bekanntmachung entnommen werden.

Es besteht die Gelegenheit zur Stellungnahme (vgl. § 57 Abs. 3a Satz 5 WPO), die wir bis zum 29. November 2023 per E-Mail kontakt(at)wpk.de, Telefax +49 30 726161-212 oder Post, Postfach 30 18 82, 10746 Berlin, erbitten. Vorstand und Beirat der WPK werden über alle eingehenden Hinweise unterrichtet.

Die formelle Beschlussfassung des Beirates zur Änderung der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer ist in der Sitzung des Beirates am 1. Dezember 2023 vorgesehen.

bm

Alle Angaben werden nur intern erfasst und nicht veröffentlicht.

Alle Felder sind Pflichtfelder.