Formulierung von Versagungsvermerken

Was ist bei der Formulierung eines Versagungsvermerks zu beachten?
Grundlagen
Kann bei gesetzlichen Abschlussprüfungen aufgrund wesentlicher Einwendungen oder Prüfungshemmnisse mit (möglichen) umfassenden Auswirkungen nach der pflichtgemäßen Beurteilung des Abschlussprüfers insgesamt kein Positivbefund in Bezug auf die geprüfte Rechnungslegung festgestellt werden, ist diese negative Gesamtaussage gemäß § 322 Abs. 4 Satz 1 und 2 sowie Abs. 5 HGB in Form eines Versagungsvermerks zu treffen.
Eine Versagung aufgrund wesentlicher Einwendungen entspricht dabei einer „Adverse Opinion“ nach ISA 705 (rev.) und einem „negativen“ Prüfungsurteil nach Art. 28 AP-RL, während im Fall wesentlicher Prüfungshemmnisse nach ISA 705 (rev.) von einem „Disclaimer of Opinion“ und nach Art. 28 AP-RL von einer „Nichtabgabe des Prüfungsurteils“ die Rede ist.
Form und Inhalt des Versagungsvermerks bestimmen sich bei allen gesetzlichen Abschlussprüfungen nach den gesetzlichen Anforderungen des § 322 HGB. Bei PIE-Prüfungen sind die zusätzlichen Angabe-, Darlegungs- und Erklärungspflichten nach Art. 10 AP-VO in Verbindung mit Art. 28 AP-RL zu beachten. Darüber hinaus ergeben sich Grundsätze zur Erteilung ordnungsgemäßer Bestätigungsvermerke aus den fachlich anerkannten Regeln [beispielsweise ISA 705 (rev.), IDW PS 405 n.F. (03.2025)].
Im Folgenden werden die wesentlichen Vorgaben zu Aufbau, Gliederung und Inhalt des Versagungsvermerks kurz vorgestellt.
Überschrift des Vermerks
Der Vermerk darf bei gesetzlichen Abschlussprüfungen in den Fällen des § 322 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 HGB nach § 322 Abs. 4 Satz 2 HGB nicht mehr als „Bestätigungsvermerk“ bezeichnet werden. Nach IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz. 21, A20 ist der Vermerk als „Versagungsvermerk des unabhängigen Abschlussprüfers“ zu bezeichnen. Die Überschrift des Vermerks wird dabei ausschließlich vom Prüfungsurteil zum Abschluss bestimmt und ist unabhängig vom Prüfungsurteil zum Lagebericht.
Die ISA sehen in allen Fällen einen einheitlichen, neutralen Begriff „Vermerk des unabhängigen Abschlussprüfers“ für die Überschrift vor.
Zwischenüberschrift zum Abschnitt „Prüfungsurteil“
Anders als für die Gesamtüberschrift des Vermerks (siehe oben) ist nach IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz. 24 ff. hinsichtlich der Zwischenüberschrift zum Prüfungsurteil gegebenenfalls zu differenzieren: Wenn zum Beispiel das Prüfungsurteil zum Abschluss versagt, das Prüfungsurteil zum Lagebericht aber nur eingeschränkt wird, ist die Überschrift „Versagtes Prüfungsurteil zum Jahresabschluss und eingeschränktes Prüfungsurteil zum Lagebericht“ zu verwenden.
Auch nach ISA 705 (rev.) Tz 16 ist die Zwischenüberschrift entsprechend anzupassen.
Formulierung des versagten Prüfungsurteils
Der Versagungsvermerk hat gemäß § 322 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 HGB eine Beurteilung des Prüfungsergebnisses zu enthalten. Die Versagung muss sich gemäß § 322 Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB zweifelsfrei und allgemeinverständlich aus der Beurteilung ergeben. Formulierungsbeispiele können IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 33 ff. beziehungsweise Tz 37 ff. für die Erklärung der Nichtabgabe eines Prüfungsurteils entnommen werden.
Das Prüfungsurteil nach § 322 Abs. 3 Satz 1 HGB muss bei einer Versagung aufgrund von wesentlichen Einwendungen entsprechend umformuliert werden (§ 322 Abs. 4 Satz 1 HGB). Formulierungsbeispiele können IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 36 entnommen werden. Bei Vorliegen wesentlicher Prüfungshemmnisse entfällt die Abgabe des Prüfungsurteils nach § 322 Abs. 3 Satz 1 HGB (§ 322 Abs. 5 HGB).
Es ist zu beachten, dass keine positiven Teilurteile zu einzelnen oder mehreren Bestandteilen des betroffenen Abschlusses oder Lageberichts enthalten sein dürfen (vgl. IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz. 20 beziehungsweise ISA 705 (rev.) Tz 15), da dies dem versagten Gesamturteil ansonsten widersprechen würde.
Grundlage für das versagte Prüfungsurteil
Bei Anwendung der IDW PS ist nach IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 40 die nach IDW PS 400 n.F. (03.2025) Tz 46, 48 geforderte Überschrift des Abschnitts „Grundlage für das/die Prüfungsurteil(e)“ entsprechend der Überschrift des Abschnitts „Prüfungsurteil“ (siehe oben) anzupassen. Die ISA sehen in ISA 705 (rev.) Tz 20 die gleiche Anforderung vor.
Die Versagung aufgrund von wesentlichen Einwendungen ist gemäß § 322 Abs. 4 Satz 3 HGB zu begründen. Dies gilt entsprechend für die Versagung aufgrund von wesentlichen Prüfungshemmnissen (§ 322 Abs. 5 Satz 2 HGB). Der oder die Sachverhalte, die der Versagung aufgrund von wesentlichen Einwendungen zugrunde liegen, sind daher klar und eindeutig zu beschreiben. Der Gesetzestext fordert es zwar nicht explizit, jedoch gehört zur Begründung nicht nur die reine Darstellung des Sachverhalts/der Sachverhalte, der/die zur Versagung führt/führen, sondern auch eine Erläuterung, warum sich daraus die Notwendigkeit einer Versagung ergibt. In diesem Zusammenhang werden quantitative Angaben – sofern dies möglich ist – regelmäßig von Interesse für die Adressaten sein (vgl. WP Handbuch, 18. Auflage 2023, Kap. M 1140). Die Fehlerhaftigkeit wesentlicher falscher qualitativer Darstellungen ist zu erläutern, vgl. IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 43). Bei der Nichtabgabe eines Prüfungsurteils aufgrund wesentlicher Prüfungshemmnisse sind die Gründe hierfür aufzunehmen (vgl. IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 48).
Die Erklärung, ob die erlangten Prüfungsnachweise ausreichend und geeignet sind, um als Grundlage für das Prüfungsurteil zu dienen, ist im Fall der Versagung aufgrund von wesentlichen Einwendungen anzupassen und im Fall von wesentlichen Prüfungshemmnissen wegzulassen (vgl. IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 49 f.). In letzterem Fall ist auch der Verweis auf den Abschnitt, in dem die Verantwortung des Abschlussprüfers beschrieben ist, wegzulassen.
IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 53 und ISA 705 (rev.) Tz 27 fordern darüber hinaus, dass auch sämtliche anderen, dem Abschlussprüfer bekannt gewordenen Sachverhalte, die eine Modifizierung des Prüfungsurteils erfordert hätten, dargestellt und deren Auswirkungen beschrieben werden.
Weitere Abschnitte des Vermerks
Die Beschreibung der Verantwortung des Abschlussprüfers nach IDW PS 400 n.F. (03.2025) Tz. 58-63 beziehungsweise ISA 700 (rev.) Tz 38-40 ist bei einem Versagungsvermerk aufgrund der Nichtabgabe eines Prüfungsurteils anzupassen (vgl. IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 54 beziehungsweise ISA 705 (rev.) Tz 28). Die Abschnitte „Besonders wichtige Prüfungssachverhalte“ und „Sonstige Informationen“ dürfen in diesem Fall nicht aufgenommen werden (vgl. IDW PS 405 n.F. (03.2025) Tz 56 beziehungsweise ISA 705 (rev.) Tz 29).
Zusammenstellung von Versagungsvermerken und Formulierungsbeispiele
Die WPK stellt modifizierte Bestätigungsvermerke zusammen, soweit diese Bestätigungsvermerke in der Stichprobe der Abschlussdurchsicht enthalten waren. Die Versagungsvermerke werden im Wortlaut vollständig wiedergegeben. Die Zusammenstellung steht für die Jahre 2003 bis 2024 auf der Internetseite der WPK zur Verfügung. Eine qualitative Wertung der Versagungsvermerke oder eine Empfehlung ist mit dieser Zusammenstellung nicht verbunden. Insbesondere sollen damit keine “Best Practice“-Lösungen für die Abfassung von Versagungsvermerken in ähnlich gelagerten Fällen vorgegeben werden. Die Zusammenstellung der WPK enthält jedoch ausschließlich Bestätigungs-/Versagungsvermerke bei denen sich aus Sicht der WPK keine Bedenken gegen ihre Ordnungsmäßigkeit ergeben haben.
Formulierungsbeispiele für Versagungsvermerke können zum Beispiel folgenden, teilweise kostenpflichtigen Quellen entnommen werden:
- WP Handbuch, 18. Auflage 2023, Kap M 4.4.3. Rn 1146, 1149 und 1152.
- IDW PS 405 n.F. (03.2025) Anlage 6 und 7
- IDW PS 270 n.F. (10.2021) Anlage 1 Beispiel 3 und 4
- ISA 705 (rev.) Anlage Beispiel 2 und 5
- Muster des IDW
- Bestätigungsvermerk-Generator des IDW