Abschlussprüfung / Assurance

Darstellung eines „roten Fadens“

Nachfolgend sind für die Auftragsabwicklung in der Abschlussprüfung die Digitalisierungsmöglichkeiten in den Prozessschritten dargestellt. Ziel der Digitalisierung in diesem Bereich ist unter anderem die Unterstützung bei der Darstellung eines „roten Fadens“.

Die Prüfungssoftware soll den Anwender in sachlogischer Reihenfolge durch die Abwicklung der Abschlussprüfung führen. Dies kann in Gänze, d.h. von der Auftragsannahme über die Prüfungsplanung, Prüfungsdurchführung bis zur Dokumentation und Berichterstattung, oder auch nur in Teilbereichen erfolgen. Effizienzvorteile ergeben sich durch die digitale Verknüpfung der einzelnen Prüfungsphasen und der damit verbundenen automatisierten Weiterverarbeitung relevanter Daten (bspw. Risikoanalyseergebnis, Wesentlichkeitsgrenzen, Prüfungsziele). Diese Informationen werden dem Abschlussprüfer systemseitig in jedem Prüfungsschritt zur Verfügung gestellt.


Auftragsannahme / Auftragsfortführung

Aktivitäten des Abschlussprüfers im Bereich Auftragsannahme / Auftragsfortführung umfassen insbesondere

  • die Risikobeurteilung des Auftrages
  • die Prüfung der eigenen Unabhängigkeit
  • die Prüfung der zeitlichen, personellen und inhaltlichen Machbarkeit der Prüfung
  • die Auftragskalkulation
  • die Erstellung des Prüfungsvertrages / des Auftragsbestätigungsschreibens

Der Einsatz von Software kann den Abschlussprüfer in sachlogischer Reihenfolge und unter Beachtung der berufsrechtlichen Anforderungen bei der Auftragsannahme / Auftragsfortführung unterstützen. Besondere Effizienzen ergeben sich, wenn das hier eingesetzte Softwarewerkzeug an weitere Systeme des Abschlussprüfers (bspw. Mandantenstammdatenverwaltung, Auftragsgesamtplanung, Risikoanalyse, Finanzbuchhaltung) angebunden ist und mit diesen Systemen Daten austauscht, die dann im Rahmen der weiteren Auftragsdurchführung genutzt werden können.

Bereits für die Risikobeurteilung des Auftrags empfiehlt es sich, Informationen zu dem Mandanten sowie der Branche zu erlangen. Unterstützen kann hierbei der Einsatz eines KYC-Tools (Know Your Customer), über welches relevante Informationen wie Bilanzkennzahlen, Gesellschafterstruktur, Handelsregistereintragungen usw. abgerufen werden können.


Prüfungsplanung

Unter einer digitalisierten Prüfungsplanung wird verstanden, dass eine Softwarelösung die einzelnen Planungsschritte verknüpft und die erfassten Daten automatisch verarbeitet.  Ziel ist, dass der Abschlussprüfer durch die Softwareunterstützung

  • auf Grundlage seiner erfassten Erkenntnisse eine Risikoeinschätzung erhält (Risikoanalyse)
  • auf Grundlage der eingelesenen Jahresabschlusssalden und seiner Vorgaben Vorschläge für die vorläufigen Wesentlichkeiten erhält (Festlegung der Wesentlichkeiten)
  • durch Verknüpfung der Risikoanalyse mit den vorläufigen Wesentlichkeiten eine Beurteilung der Fehlerrisiken und Vorschläge für die Prüfungsziele sowie Vorschläge für Prüfungshandlungen zur Erreichung dieser Ziele erhält (Festlegung der Prüfungsziele und des Prüfprogramms)
  • während der Prüfung darauf hingewiesen wird, wenn auf Grund von Änderungen in den Jahresabschlusssalden oder neu erfassten Risiken Anpassungen der Prüfungsplanung erforderlich werden

Eine digitalisierte Prüfungsplanung unterstützt bei der Führung des „Roten Faden“ durch die Prüfungsplanung. Sie kann die Qualität der Prüfung erhöhen und zu Zeitersparnissen führen.

Risikoanalyse

Eine digitalisierte Risikoanalyse unterstützt den Prüfer bei der Identifizierung von Risiken. Die vorhandenen Informationen und Einschätzungen des Abschlussprüfers zu den inhärenten Risiken und Kontrollrisiken werden hierzu in der Software erfasst und von dieser ausgewertet. Als Ergebnis erhält man in der Regel eine Risikomatrix, auf deren Grundlage mögliche Prüfungsschwerpunkte identifiziert werden können.

Werden während der Abschlussprüfung neue Risiken identifiziert oder vorhandene Risiken neu bewertet, so wird nach deren Erfassung die Risikomatrix automatisch aktualisiert und auf mögliche Auswirkungen für die vorläufig festgelegten Prüfungsschwerpunkte hingewiesen.

Festlegung der Wesentlichkeiten

Auf Grundlage der in die Software eingelesenen Jahresabschlusssalden werden die verschiedenen Wesentlichkeiten nach den Vorgaben des Abschlussprüfers automatisch berechnet und die wesentlichen Prüffelder identifiziert.

Die Auswirkungen nicht korrigierter falscher Angaben werden permanent von der Software mit den vorläufig festgelegten Wesentlichkeitsgrenzen abgeglichen. Bei Überschreitung erfolgt ein systemseitiger Hinweis. Der Abschlussprüfer kann danach zeitnah beurteilen, ob Prüfungsstrategie und Prüfungsprogramm angepasst werden müssen.

Veränderungen der Wesentlichkeiten durch nachträgliche Abschlussbuchungen des Mandanten oder korrigierte falsche Angaben werden automatisch berechnet. Bei Auswirkungen auf die Prüffelder erfolgt auch hier ein systemseitiger Hinweis für den Prüfer.

Festlegung der Prüfungsziele und des Prüfprogramms

Die Prüfungssoftware kann Vorschläge dazu unterbreiten, welche Reaktionen auf die festgestellten Fehlerrisiken notwendig sind und welche Prüfungshandlungen die festgelegten Prüfungsziele am besten adressieren. Darüber hinaus kann die Software bei der Aufteilung der Prüffelder auf die Mitglieder des Prüfteams sowie bei der zeitlichen Planung der Prüfungshandlungen unterstützen.

Nachträgliche Änderungen bei den identifizierten Risiken oder den Wesentlichkeiten sollten sich auch auf das Prüfprogramm auswirken. Somit wird einer dynamischen Prüfungsplanung Rechnung getragen.


Prüfungsdurchführung

Analytische Prüfungshandlungen

IT-gestützte analytische Prüfungshandlungen ermöglichen einen schnellen Überblick über das Zahlenmaterial des zu prüfenden Jahresabschlusses. Durch z. B. Trendanalysen oder Kennzahlenanalysen können Auffälligkeiten festgestellt werden. Systemseitig werden häufig vordefinierte Analysen und Kennzahlenberechnungen vorgegeben und mit den entsprechenden Werten aus dem Zahlenmaterial des Mandanten befüllt. Dabei wird auf Auffälligkeiten oder Unstimmigkeiten systemseitig hingewiesen.

Analytische Prüfungshandlungen können in allen Schritten des Prüfungsprozesses durchgeführt werden.

Massendatenanalyse / Data Mining

Massendaten (auch Big Data) liegen häufig in nicht oder nur schwach strukturierter Form vor. Damit würden Sie sich grundsätzlich nicht für Datenanalysen eignen. Hier setzt die Massendatenanalyse an. Viele Softwarelösungen für Datenanalysen sind heutzutage in der Lage, bei der notwendigen Strukturierung der Daten zu unterstützen. Hierfür sind der Aufbau des Datenmodells und die Zusammenhänge in den Daten für eine Vielzahl von ERP-Systemen in der Analysesoftware integriert.

Das Ziel der Massendatenanalyse in der Abschlussprüfung ist, den Stichprobenumfang bei einer großen Grundgesamtheit bis hin zu einer Vollprüfung auszuweiten, um so ein hohes Maß an Prüfungssicherheit zu erhalten.

Systemprüfung

Bei einer Systemprüfung werden rechnungslegungsrelevante betriebliche Prozesse auf einen ordnungsgemäßen Verfahrensablauf hin untersucht. Da bei den meisten Prozessen Daten elektronisch verarbeitet werden, können diese Verarbeitungsprozeduren im Rahmen einer digitalen Systemprüfung in jedem einzelnen Schritt nachvollzogen und beurteilt werden. Dieses Vorgehen erhöht die Prüfungssicherheit.

Eine Weiterentwicklung der digitalen Systemprüfung ist das Process Mining. Hierbei werden Prozesse anhand digitaler Spuren analysiert und visualisiert. Ausgangspunkt des Process Mining sind in der Regel bereits strukturierte Massendaten.

Eine Digitalisierung ist sinnvoll, wenn beim Mandanten z. B. durch den Einsatz eines ERP-Systems viele Geschäftsprozesse automatisiert ablaufen und die Verarbeitungsalgorithmen nur schwer nachvollziehbar sind.

Mathematisch-statistische Stichprobenauswahl

Stichprobenverfahren sind repräsentative Auswahlverfahren, die auf statistischen Verfahren beruhen. Sie sind von einer bewussten/gesteuerten Auswahl zu unterscheiden. Wesen der Stichprobenauswahlverfahren ist es, dass für jedes Element der Grundgesamtheit die gleiche Chance besteht, gezogen zu werden. Eine IT-Unterstützung erleichtert die Wahl des Auswahlverfahrens sowie seine Durchführung.

Eine Relevanz besteht bei Prüfungen, bei denen auf Grund der Komplexität und der Größe der Grundgesamtheit keine ausreichenden Prüfungsnachweise durch eine bewusste Auswahl oder andere Prüfungshandlungen erlangt werden können.

Inventurbeobachtung

Inventurprüfungen setzen in der Regel eine Systemprüfung der Inventurverfahren voraus. Hier verweisen wir auf unsere Hinweise zur Digitalisierung von Systemprüfungen. Im Rahmen der Systemprüfung der Inventurverfahren kommen oftmals unterstützend Checklisten zum Einsatz. Daran schließen sich Einzelfallprüfungen (Stichprobennachzählungen) an. Eine Digitalisierung der Einzelfallprüfungen kann beispielsweise über eine elektronische Erfassung der Zählungen und den nachfolgend automatisierten Abgleich mit den gezählten Ist-Zahlen sowie den Soll-Zahlen des Mandanten erfolgen.

Saldenbestätigungen

Beim Einholen von Saldenbestätigungen lassen sich insbesondere der Versand und der Empfang durch Einsatz von E-Mailprogrammen oder Datenräumen automatisieren.

Softwarelösungen können zudem bei der Auswahl und der Erstellung von Saldenbestätigungen sowie der Weiterbearbeitung von Rückläufern unterstützen. Letztere können beispielsweise digital erfasst und in die elektronische Prüfungsakte übernommen werden. Der Rücklauf und die weitere Bearbeitung können so überwacht werden. Eventuelle Differenzen können dem Mandanten mit der Bitte um Klärung elektronisch zur Verfügung gestellt werden.

Für alle Beteiligten können sich hierdurch Zeit- und Kostenersparnisse ergeben. Die Möglichkeit einer elektronischen Übermittlung der Bestätigungen kann zudem die Rücklaufquote erhöhen.

Prüfung von Anhang / Lagebericht

Die Prüfung von Anhang / Lagebericht erfolgt derzeit in der Regel mit der Unterstützung durch Checklisten. Der Einsatz kann die ordnungsgemäße Prüfung von Anhang und Lagebericht auf Vollständigkeit unterstützen und kann zu einer angemessenen Prüfungsdokumentation beitragen.

Continuous Auditing

Mit Continuous Auditing (auch Continuous Monitoring) sind grundsätzlich unternehmensinterne Überwachungssysteme gemeint. Diese stellen eine Weiterentwicklung von (ad hoc) Massendatenanalysen dar, in dem sie permanent die Daten definierter Systeme in einem Unternehmen überwachen. Ziele des Continuous Auditing sind das Erkennen von Auffälligkeiten sowie die Nachverfolgung bzw. Eskalation der Auffälligkeiten, die Verminderung des Eintritts von Fehlern und die Erhaltung der Wirksamkeit des internen Kontrollsystems.

Im Rahmen der Abschlussprüfung dient Continuous Auditing der simultanen oder zeitnahen Überwachung und Prüfung vordefinierter Bereiche oder Geschäftsvorfälle. Das Ziel ist auch hierbei, dass die Finanzdaten eines zu prüfenden Unternehmens zeitnah und über das ganze Jahr nach festgelegten Kriterien überwacht werden und dass der Abschlussprüfer beim Eintreten bestimmter Ereignisse automatisch benachrichtigt wird. So können z.B. unterjährig Unregelmäßigkeiten entdeckt werden, welche in den aggregierten Daten zum Bilanzstichtag untergehen könnten.

Continuous Auditing kann eine zeitnahe Abschlussprüfung unterstützen und für eine erhöhte Effizienz und Qualität in der Jahresabschlussprüfung sorgen. Der Einsatz ist insbesondere für komplexe Mandate geeignet.

Zu beachten ist allerdings, dass für ein Continuous Auditing zunächst die Datenbereitstellung auf Seiten der Mandanten und die Einrichtung der durchzuführenden Analysen beim Abschlussprüfer erforderlich sind. Die Anforderungen aus der Datenbeschaffung sowie der Datenanalyse sind hier permanent vorzuhalten.


Prüfungsdokumentation und Berichterstellung

Führen der Prüfungsakte / Handakte

Beim Einsatz einer Prüfungssoftware erfolgt die Dokumentation direkt in der Software. Vom Mandanten erhaltene Prüfungsnachweise können in der Regel eingebunden werden, so dass die Arbeitspapiere eines Prüffeldes systematisch abgelegt und ggf. mit einer Referenzierung versehen werden können.

Können die Prüfungsnachweise nicht direkt in die Prüfungssoftware eingebunden werden, sind Ausführungen in der Dokumentenarchivierung besonders bedeutsam.

Die digitale Dokumentation bietet gegenüber einer papiergebundenen Dokumentation Vorteile, insbesondere mit Blick auf Zugriff/Verfügbarkeit, automatisierte Weiterverarbeitbarkeit der gespeicherten Informationen und Nachvollziehbarkeit bspw. im Bezug auf nachträgliche Änderungen.

Je nach Digitalisierungsgrad der Mandanten wird mittelfristig eine Koexistenz von analoger und digitaler Prüfungsdokumentation bestehen. Dabei ist es wichtig, den roten Faden zu verfolgen, indem dieser sinnvollerweise in der digitalen Dokumentation geführt wird und von dort aus auf die analogen Arbeitspapiere referenziert wird.

Erstellung des Prüfungsberichts

Bei der IT-unterstützten Erstellung des Prüfungsberichts und weiterer Anlagen werden die Zahlenwerte idealerweise direkt aus der Prüfsoftware übernommen und in den Bericht eingefügt. Medienbrüche und Übertragungsfehler in den Prüfungsberichten können vermieden werden. Auch nachträgliche Änderungen am Zahlenwerk (z. B. Nachbuchungen) werden automatisch in den Prüfungsbericht übertragen und stellen dessen aktuellen Stand sicher.

Durch Entfall umfassender Abstimmungsarbeiten können sich Zeit- und Kosteneinsparungen ergeben. Weitgehend standardisierte Prüfungsberichte können die sich aus der IT-unterstützten Erstellung eines Prüfungsberichts ergebenden Effizienzvorteile noch verstärken und eine intensivere Befassung mit der Darstellung der Besonderheiten der jeweiligen Abschlussprüfung ermöglichen.

Prüfungsberichte werden gegenwärtig vielfach nicht aus der Prüfungssoftware direkt, sondern über Word/Excel erstellt. Viele Softwareprodukte bieten Schnittstellen an, über die die Zahlenwerte aus der Prüfsoftware nach Word/Excel exportiert werden können. Hier ist in der Regel für jeden Bericht die einmalige Einrichtung der Schnittstelle notwendig.

eSignatur von Prüfungsberichten

Die elektronische Erstellung eines Leseexemplares oder elektronischer Kopien eines Prüfungsberichts (bspw. als PDF-Dokument) ist ohne großen technischen Aufwand möglich.

Beim ausschließlichen elektronischen Versand eines derartigen PDF-Prüfungsberichts sollten die Hinweise zum Datenaustausch beachtet werden.

Erstellung und Versand eines elektronisch signierten Prüfungsberichts hingegen erfordern Änderungen in den Arbeitsabläufen der WP/vBP-Praxis. Die elektronische Signatur beinhaltet beispielsweise einen Zeitstempel. Daher muss gewährleistet sein, dass die Unterzeichnung von Prüfungsbericht und Bestätigungsvermerk zeitnah erfolgen.

Unter den Praxishinweisen der WPK finden Sie weitere Informationen zu elektronischen Prüfungsvermerken und -berichten. Dort sind Anbieter qualifizierter elektronischer Signaturen benannt. Ferner bieten verschiedene Softwareanbieter auch eine integrierte Lösung für die Erstellung qualifizierter elektronischer Prüfberichte an.

Versand Jahresabschluss und Abschlussdaten

Durch das Vorliegen von Jahresabschluss und Lagebericht sowie des zugrunde liegenden Zahlenmaterials in digitaler Form kann der Abschlussprüfer seinen Mandanten über die Abschlussprüfung hinausgehende Leistungen anbieten, wie z. B. Offenlegung im elektronischen Bundesanzeiger oder den Digitalen Finanzbericht (elektronische Abschlussdatenübermittlung an Banken und Sparkassen).

Softwareprogramme können hier beispielsweise die elektronischen Jahresabschlussinformationen über ein entsprechendes Zuordnen von Konten (Mapping) an die Anforderungen der Berichtsaufarbeitung und -gliederung (Taxonomien) anpassen und in die benötigten Berichtsformate (z. B. XML-Format) überführen.

Für die Offenlegung im elektronischen Bundesanzeiger kann eine Software darüber hinaus bei der Anwendung größenabhängiger Erleichterungen nach HGB unterstützen.