Prüfung
7. Oktober 2022

Abschlussprüfung bei einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Russland

Wir haben eine Anfrage von einer GmbH erhalten, die eine gesetzliche Abschlussprüfung für das Geschäftsjahr 2022 benötigt. Der bisherige Abschlussprüfer hat das Mandat niedergelegt. Die GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Russland. Diese wiederum gehört nach Auskünften der GmbH zu 25 % dem russischen Staat und zu 75 % privaten Investoren.

Dürfen wir vor dem Hintergrund der aktuellen Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskrieges gegen die Ukraine einen entsprechenden Auftrag annehmen? Wenn nicht: Wie soll das Unternehmen seiner Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses sonst nachkommen?

Einen Auftrag zur Durchführung einer gesetzlichen Abschlussprüfung einer hundertprozentigen Tochter-GmbH einer russischen Kapitalgesellschaft dürfen Sie nicht annehmen, die Abschlussprüfung nicht durchführen.

Es ist untersagt, unmittelbar oder mittelbar unter anderem Abschlussprüfungsleistungen für in Russland niedergelassene juristische Personen zu erbringen (Art. 5n Abs. 1 b) der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren). Würden Sie für die hundertprozentige deutsche Tochter-GmbH Abschlussprüfungsleistungen erbringen, würden Sie dies mittelbar für die russische Mutterkapitalgesellschaft tun.

Ob daneben auch der Tatbestand des Abs. 1 a) durch die 25 %-Beteiligung des russischen Staates im Sinne einer „mittelbaren“ Erbringung von Abschlussprüfungsleistungen erfüllt ist, kann daher offenbleiben.

Ausnahmen nicht anwendbar

Die in Art. 5n Abs. 2 bis 4 geregelten Ausnahmen treffen im vorliegenden Fall nicht zu:

  • Die Übergangsfrist des Abs. 2 ist bereits abgelaufen.
  • Abs. 3 betrifft den Fall, dass eine Rechtsverteidigung nötig ist und ist daher auch nicht einschlägig.
  • Abs. 4 betrifft den Fall einer russischen Tochter einer deutschen Mutter, also nicht den vorliegenden Fall.

Zur Frage, ob die speziellen Ausnahmen des Abs. 5 vorliegen und die Ausnahmegenehmigung erteilt werden kann, liegen keine Angaben vor. Eine etwaige Genehmigung dürfte von der Deutschen Bundesbank zu erteilen sein, die für Finanzsanktionen in Deutschland zuständig ist.

Pflicht zur Abschlussprüfung bewusst ausgesetzt

Zur Frage, wie das Unternehmen die Verpflichtung, seinen Jahresabschluss prüfen zu lassen, sonst erfüllen kann, ist anzumerken:

Der EU-Gesetzgeber hat die Prüfungspflicht im EU-Recht statuiert und diese Aufgabe Abschlussprüfern zugewiesen (Bilanz- und Abschlussprüferrichtlinie, umgesetzt in Deutschland im HGB). Nun hat der EU-Gesetzgeber mit einem EU-Rechtsakt explizit – neben zahlreichen weiteren Dienstleistungen – die Abschlussprüfung in den Fällen des Art. 5n Verordnung (EU) Nr. 833/2014 untersagt. Er hat also das Verbot in Kenntnis der grundsätzlich bestehenden Pflicht ausgesprochen. Damit setzt er also für diese Unternehmen die Pflicht zur Abschlussprüfung bewusst aus.

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