Berufsrecht
13. Februar 2018

Bedeutung der rechtlichen Hinweise bei Anfragen aus der Abschlussdurchsicht der WPK

Warum gibt die WPK bei Anfragen aus der Abschlussdurchsicht rechtliche Hinweise zur Verschwiegenheitspflicht und zur Gefahr einer Selbstbelastung?

Die Abschlussdurchsicht ist ein präventiv ansetzendes Aufsichtsinstrument, ohne dass es des Anfangsverdachts einer Berufspflichtverletzung bedarf. Allgemein leitet sich diese Aufgabe daraus ab, dass die WPK die Einhaltung der beruflichen Pflichten ihrer Mitglieder zu überwachen hat (§ 57 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 WPO). Dazu sichtet sie stichprobenweise Veröffentlichungen von geprüften Jahres- und Konzernabschlüssen sowie der hierzu erteilten Bestätigungsvermerke. Als Quelle steht insbesondere der Bundesanzeiger zur Verfügung.

Werden bei der Durchsicht Abweichungen gegenüber gesetzlichen Vorschriften oder fachlich anerkannten Regeln festgestellt, klärt die WPK die Ursachen hierfür über die Korrespondenz mit den betroffenen Abschlussprüfern auf. Wie bereits erwähnt, handelt es sich um ein Vorermittlungsverfahren ohne konkreten Anfangsverdacht (vgl. Grabarse-Wilde in: Hense/Ulrich, WPO, § 61 a WPO Rn. 22). In diesem Vorermittlungsverfahren wird dem Abschlussprüfer hinsichtlich des unklaren Sachverhalts Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben und seine Einlassung dazu unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten ausgewertet. Erfahrungsgemäß wird die überwiegende Mehrzahl der Fälle – gegebenenfalls verbunden mit Hinweisen an den Abschlussprüfer oder Belehrungen – sodann eingestellt. Gleichwohl kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass ein Vorgang im Rahmen eines Berufsaufsichtsverfahrens weiterverfolgt werden muss, wenn sich nach Auswertung der Stellungnahme des Abschlussprüfers der Anfangsverdacht auf eine Berufspflichtverletzung ergibt oder ein eventueller Pflichtenverstoß nicht abschließend beurteilt werden kann.

Vor diesem Hintergrund werden bei Anfragen der WPK an Abschlussprüfer im Rahmen der Abschlussdurchsicht in allen Fällen rechtliche Hinweise zu Auskunftsverweigerungsrechten gegeben. Demnach muss der Abschlussprüfer keine Angaben zur Sache machen, insbesondere wenn und soweit er dadurch seine berufsrechtliche Pflicht zur Verschwiegenheit verletzen würde oder sich dadurch die Gefahr ergäbe, wegen einer Straftat, einer Ordnungswidrigkeit oder einer Berufspflichtverletzung verfolgt zu werden (vgl. § 62 Abs. 2 WPO). Der Abschlussprüfer darf allerdings auch ohne Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht Auskunft geben, wenn dies in Wahrnehmung eigener berechtigter Interessen geschieht, zum Beispiel bei erforderlichen Angaben im Rahmen der eigenen Verteidigung.

Mit diesem rechtlichen Hinweis wird zum einen deutlich gemacht, dass die Verschwiegenheitsverpflichtung des WP gegenüber jedem Dritten gilt. Sie ist also auch bei Anfragen der WPK zu beachten. Andererseits muss im Fall widerstreitender Interessen das Interesse des Mandanten an der Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht im Einzelfall hinter dem anerkannten berechtigten Eigeninteresse des WP zurückstehen (vgl. Maxl in: Hense/Ulrich, WPO, § 43 WPO Rn. 130). Dies bedarf einer Güter- und Interessenabwägung. Die Interessenabwägung muss zu dem Ergebnis führen, dass das geschützte eigene Interesse des WP das beeinträchtigte Interesse des Mandanten an der Schweigepflicht überwiegt, wobei eine Gesamtwürdigung aller Umstände und widerstreitenden Interessen erforderlich ist. Als berechtigtes eigenes Interesse ist dabei die Verteidigung in berufsrechtlichen Verfahren anerkannt (vgl. Maxl in: Hense/Ulrich, WPO, § 43 WPO Rn. 171 f.). Es liegt nahe, ein solches berechtigtes Eigeninteresse des WP auch schon bei Vorermittlungsverfahren der WPK anzunehmen, insbesondere dann, wenn der WP durch eine ihn entlastende Stellungnahme die Einleitung eines Disziplinarverfahrens verhindern kann. Im Zweifel ist aber anzuraten, dass sich der WP vor Beantwortung der Anfrage der WPK vom Mandanten von der Schweigepflicht entbinden lassen sollte.

Zum anderen ist die Bedeutung des rechtlichen Hinweises darin zu sehen, dass die WPK im Rahmen ihrer Berufsaufsicht eine Selbstbelastung des WP generell nicht verlangen darf. Hier kommt der allgemeine Rechtsgrundsatz zum Tragen, dass niemand verpflichtet ist, sich selbst zu belasten; dieser Grundsatz hat Verfassungsrang und gilt auch im Berufsrecht (vgl. Krauß in: Hense/ Ulrich, WPO, § 62 WPO Rn. 41 f. m. w. N.). Die Gefahr der Selbstbelastung besteht insoweit, als es prinzipiell möglich erscheint, dass die wahrheitsgemäße Beantwortung der WPK-Anfrage den WP einer Verfolgung wegen einer Straftat, Ordnungswidrigkeit oder Berufspflichtverletzung aussetzen kann. In der Regel wird dies nicht der Fall sein, weil das präventive Element der Abschlussdurchsicht überwiegt (siehe oben). Dennoch scheint es geboten zu sein, dass die WPK möglichst frühzeitig, das heißt schon bei Tätigwerden im Rahmen von Vorermittlungen, den WP auf dieses ihm zustehende Aussageverweigerungsrecht hinweist. Für den Fall, dass die WPK diesen rechtlichen Hinweis unterlässt, entsteht außerdem das Risiko, dass die Auskunft des Abschlussprüfers rechtswidrig erlangt wurde und damit im weiteren Verfahren nicht verwertet werden darf, selbst dann nicht, wenn sich daraus eine schwerwiegende Berufspflichtverletzung ergibt. Insofern würde ein Verwertungsverbot für die WPK entstehen (vgl. hierzu Krauß in: Hense/Ulrich, WPO, § 62 WPO Rn. 46 m. w. N.).